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Homosexualität in der Kirche

Type: University
Semester: 3 (2014)
Skills: Research, Photography, PhotoShop</p>

Ho|mo|se|xu|a|li|tät
Sich auf das eigene Geschlecht richtendes sexuell-erotisches Empfinden und Verhalten.

Homosexualität in der Kirche

Gabriel
Ich porträtiere Gabriel. Gabriel ist Pfarrer. Aber auch, was seine Gemeinde nicht weiß, homosexuell. Auch wenn wir im aufgeklärten 21 Jahrhundert leben, Gabriel mit seiner sexuellen Gesinnung nicht alleine ist und einige Kirchen sich deutlich positiver zur Homosexualität geäußert haben als vor 10 Jahren, ist die Vorstellung vom Homosexuellen Pfarrer noch immer ein absolutes Tabuthema. Würde Gabriels gleichgeschlechtliche Liebe öffentlich werden, würde er höchst wahrscheinlich seinen Posten verlieren oder im günstigsten Falle weit weg versetzt werden, wo er erneut seine Liebe verheimlichen müsste. Deshalb möchte Gabriel auf keinen Fall erkannt werden. Es war unglaublich schwer ihn zu überreden sich fotografieren zu lassen. Seine Bedingungen zur Teilnahme an dem Projekt waren, dass sein Gesicht auf allen Bildern unkenntlich sei und sein Name nicht genannt werde. Deshalb nenne ich ihn Gabriel. Ein hebräischer Name, der „Mann Gottes“ bedeutet. Denn das ist, was er ist, wozu er sich berufen fühlt. Ein Mann Gottes zu sein. Alles andere sollte idealerweise nebensächlich sein.

Homosexualität in der Kirche
Die Drahtzieher untermauern ihre negative Haltung zur Homosexualität vor allem mit Bibelstellen. Dabei spielt die Homosexualität in der Bibel eigentlich eine untergeordnete Rolle. Die Zahl der Bibelstellen, in denen es um Homosexuelle Praktiken gehen soll, bleibt überschaubar im Vergleich zu anderen Themen. Eigentlich sind es im engeren Sinne gerade mal 3 der 31.171 Verse. Dieses Thema ist in der heutigen Gemeindewirklichkeit einfach viel zu dominant. Dennoch geht es für viele Menschen um ihre Existenz. Deshalb gehe ich nun genauer auf diese 3 Verse ein.

Obwohl es sich um Stellen des Alten Testamentes handelt, das Alte Testament unglaublich schwierig zu entziffern ist und viele Geistliche das Gewicht der Gesetzlichkeit des Alten Testamentes unter heutigem christlichen Standpunkt abgeschwächt haben, werden Lev 18,22 und 20,13 zu diesem Thema gerne zitiert.

Dort heißt es:
„Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.“ Lev 18,22
„Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen.“ Lev 20,13

Davon abgesehen, dass das Alte Testament unter anderem auch das Arbeiten am Samstag zum Tode verurteilt und den Verzehr von Schnecken, bestimmten Vögeln und Fischen sowie Fleisch, das älter als ein Tag ist, untersagt, müssen die Sätze natürlich in ihrem Kontext gelesen werden. Beide stehen im Heiligkeitsgesetz. Dieses Buch entstand nach der Tempelzerstörung in der Zeit des Exils. Das Buch sieht die kultische Unreinheit des Volkes (also die von anderen Völkern übernommenen Kultpraktiken) als Grund für Jahwes Zerstörung des Tempels und verurteilt diese. Der Ausdruck der mit „Gräuel“ übersetzt wurde (org. to‘ebah) bezeichnet in der Bibel vor allem Praktiken, die als Götzendienst verurteilt wurden. Überliefert ist, dass es zu dieser Zeit sogenannte Hierodulen gab, dessen religiöse Praktik es war, dass eigentlich heterosexuelle Menschen im Sinne ihres Kultes mit anderen Männern Analverkehr vollzogen. Diese Praxis hat absolut gar nichts gemein mit dem, was wir heute als Homosexualität verstehen. Außerdem heißt es „liegen, was männlich, wie Liegende bei Frau“ wörtlich übersetzt und „Blutschuld“ heißt wörtlich „ihr/sein Blut ist an ihnen/ihm“ und ist die Begründung für die Todesstrafe. So gab es im Altertum die Praxis, Menschen anal zu vergewaltigen, um sie zu demütigen (und so den penetrierten Mann zu feminisieren) und selber durch die Machtausübung sexuell erregt zu werden. Dies geschieht zum Beispiel in der Stadt Sodom (Gen 19,1-11 und Ri 19). Auch das wird, zu Recht, verurteilt. Hat aber wieder überhaupt nichts mit unserer heutigen Auffassung von Homosexualität zu tun.

In Lev 18,22 und 20,13 geht es also um Verhalten, die von Jahwe abwenden oder Menschen entwürdigen. Dies ist Jahwe ein Gräuel, denn diese Praktiken verletzen die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten.

In dem neutestamentlichen Brief Röm 1,27 richtet sich Paulus an eine Gemeinde in Rom mit folgenden Worten:

„Desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihrer Verirrung, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen.“ Röm 1,27

Zunächst sei gesagt, dass Paulus jede Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, ablehnt. Womit auch die heute gängigen Verhütungsmitteln und im weiteren Sinne sogar die Selbstbefriedigung oder auch die Pollution betroffen wären. Demnach wären wohl alle Männer verdammt, ob homosexuell oder nicht. In dem oben genannten Zitat ist der gleichgeschlechtliche Sexualverkehr für Paulus nicht Ursache, sondern Folge für Gottlosigkeit. Somit soll Gott die Menschen, die Ihn nicht anerkennen mit Homosexualität bestraft haben. Wir wissen aber, dass Gläubige durchaus schwul oder lesbisch sein können. Was könnte also Paulus gemeint haben? Nun liegt es nahe, dass die dekadente Römische Oberschicht gemeint war. Bei ihr war es üblich, Kinder und junge Männer als Lustknaben zu besitzen. Diese verfallene Form der Päderastie, also der institutionalisierten homosexuellen Pädophilie, war legal und akzeptiert.

Gut, dass der Römerbrief zur Unterbindung dieser Praktiken beigetragen hat.

Abschließend sei erwähnt, dass es in der Bibel auch Textstellen gibt die aus ihrem Kontext gerissen auch als schwulen-freundlich interpretiert werden könnten. Wie Mt 5,22 „(...) wer zu seinem Bruder sagt: Du Schwuler!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein (...)“. (wenn rekah als Weiblichen Form von rakkah übersetzt werden würde) und Joh 13,23 „Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte.“.

Fazit
Aus unseren intensiven Gesprächen und meinen eigenen Recherchen nehme ich mit, dass man auch als geistlicher die Texte der Bibel nicht einfach aus ihrem Kontext reißen darf. Wer eine Exegese betreibt, also einen Text der Bibel wissenschaftlich auslegt, oder einfach nur genau hinschaut stellt fest wie dürftig die vermeintlichen „Belege“ gegen Homosexualität eigentlich sind. Liebevolle Partnerschaften von Homosexuellen werden in der Bibel weder verboten, noch als Problem gesehen. Da lesbische Frauen überhaupt nicht erwähnt werden, wären aus fundamentalistischer Sicht schwule Beziehungen verboten, lesbische aber erlaubt? Ziemlich unsinnig.

Auch meine eigentliche Frage, warum er Pfarrer geworden ist, obwohl er doch die alt eingesessene Meinung der Kirche zur Homosexualität kennt, erübrigte sich.

Außerdem wurde mir klar, wie wichtig das langjährige Studium der Theologie für den Pfarrer und der Kirche von morgen ist und wie gefährlich es sein kann ein Studium zu vernachlässigen, wie es in vielen kirchlichen Abspaltungen und fundamentalistischen Gemeinden der Fall ist.

Inszenierung
Ich wählte die Methode der Abstraktion:
Das idealisierte Porträt zeigt Gabriel. Er trägt das Priestergewand und hält die Hände in geschlossener Demutsgeste. Gabriel ist hier lichtüberflutet. Dies soll ein Ideal des perfekten Pfarrers darstellen. Hier geht es nicht darum, wer er ist, noch welche Vorlieben er hat. Sondern nur um ihn als ehrenwerten Mann Gottes. Das ist sein Ideal und ebenfalls das Bild einer idealen Gesellschaft: „Liebe deinen Nächsten“.

Im psychologischen Porträt steht Gabriel in der gleichen Pose wie beim idealisierten Porträt vor dem Betrachter. Mit dem Unterschied, dass seine Hände noch ein wenig verschlossener sind und er sich im Schatten verbirgt. In diesem Bild ist die Abwesenheit von Licht dominant. Er ist gezwungen seine Liebe zu seinem gleichgeschlechtlichen Partner zu verbergen. Somit hat er ein „dunkles“ Geheimnis, das auf ihn lastet. Er ist dem Betrachter gegenüber verschlossen. Es ist das Bild einer verkappten Gesellschaft und Zeugnis der seltsamen Doppelmoral der Kirche: „Liebe deinen Nächsten, solange er nicht homosexuell ist?“.

Technische Umsetzung
Für das idealisierte Porträt wollte ich eine starke Überbelichtung im Gesicht mit weichem Licht erreichen, um die Anmutung von Vollkommenheit und „Gut“ zu erreichen. Hierfür nutzte ich 2 Lichtquellen: Das Hauptlicht war eine Softbox, die in einer Vogelperspektive (schräg von vorne), auf Gabriels Gesicht gerichtet war mit der maximalen Leuchtkraft. Die zweite Lampe war ein simpler Strahler, den ich auf die Leinwand richtete, um einen weißen Hintergrund zu bekommen. Ich stellte fest, dass eine weitere Softbox oder ein Reflektor um den unteren Bereich aufzuhellen erstaunlicherweise gar nicht nötig war. Offenbar streute das Hauptlicht genug.

Um dem psychologischen Porträt den Eindruck von „heimlich“, „verborgen“, „schlecht“, „böse“ zu vermitteln nutzte ich wieder zwei Lichtquellen: Beide waren Strahler mit Standard Lichtformern. Eine war links neben der Kamera und die Andere rechts aufgestellt, um noch Konturen des Umhangs einzufangen. Eingestellt waren sie auf kleinster Stärke. Ein Spotvorsatz gab nicht das gewünschte weiche Licht und sah unnatürlich aus.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Nachtrag zum 08.12
Eine Prominente Frage war wohl dennoch „warum ist er Pfarrer geworden wenn er die Einstellung der Kichre kenn?“ da ich mir selbst die Frage gestellt hatte möchte ich hier noch einmal näher darauf eingehen.

Zunächst sei gesagt, dass es eine absolut intolerante Frage ist die diese anti-homosexuelle Haltung nur unterstützt. Denn, frage zurück, warum dürfte er kein Pfarrer werden wegen seiner Sexuellen Orientierung. Die Nebenbei erwähnt eigentlich keinem etwas angeht. Schließlich ist es doch so, dass die Homosexualität wie wir sie heute verstehen, also als liebevolle Partnerschaft zweier Menschen, in der Bibel nicht verpönt wird, ja nicht mal angesprochen. Obwohl es auch damals schon Homosexuelle Liebespartnerschaften gegeben haben muss. Es ist keine Erfindung der Neuzeit.

Abschließend sei gesagt, dass die Kirche nicht zur Einsicht kommen wird wenn nur noch Menschen Geistliche werden die, die alteingesessenen Meinungen nicht hinterfragen. Es war seine Entscheidung und er könnte sich nicht vorstellen einen anderen Beruf aus zu üben, es ist seine Berufung. Und er ist gut, in dem was er tut. Darauf kommt es doch letztlich an. Nicht darauf was er Zuhause für sich macht.

In dieser Arbeit geht es nicht unbedingt um die Person Gabriel sondern um sein Problem/seine Situation stellvertretend für die ganze Absurdität zu diesem Thema.

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